Aktuelles

KI unterrichten, einschätzen und bewerten

Ein Anruf bei einem großen Unternehmen. In der Warteschleife werde ich darauf hingewiesen, dass die Wartezeit ungefähr eine viertel Stunde beträgt. Ich könne aber auch sofort mit einer künstlichen Intelligenz sprechen.
Beim Buchen eines Urlaubs drängt sich auf der Seitenleiste eine künstliche Assistentin höflich auf. Sie bietet Unterstützung an. Auch bei eventuellen Problemen im Urlaub kann ich mit ihr kommunizieren.
Ich betätige den Spracheingabeknopf am Lenkrad und unterhalte mich mit der freundlichen Stimme im Auto. Sie fragt, wohin ich fahren möchte, ob es einen Liedwunsch gibt, liest Nachrichten vor.

Unsere Lebenswelt ist längst durchdrungen von KI. Rasant ist die Entwicklung vorangegangen. Konnte ich beispielsweise 2022 in einer MDR-Sendung treffsicher herausfinden, welche Texte KI-generiert waren, gelingt dies heute nicht mehr. Denn einerseits wurde die textgenerierende KI verbessert und andererseits ist es auch möglich, einen Text durch mehrere KI-gestützte Programme schreiben zu lassen. Offensichtlicher ist die Weiterentwicklung bei den bildgenerierenden KI. Konnten anfangs offensichtliche Schwachstellen leicht erkannt werden, Finger oder Fehler in der Bildkomposition, so ist auch hier ein enormer Fortschritt ersichtlich.

Ich möchte auf ein weiteres Beispiel eingehen. Die führenden Callcenter in Indien, die weltweit für Firmen Kundenservice anbieten, schulen längst ihre Mitarbeitenden darauf, die KI in der Kommunikation zu überwachen und zu verbessern. Insgesamt 109 Millionen Euro stellt der Indische Staat für KI-Zentren bereit, die die globale Position des Landes stärken sollen.

Dass KI stetig in unserem Leben an Bedeutung gewinnt, ist offensichtlich. Aber auch die berufliche Relevanz nimmt zu. Wer KI im Unternehmen verwendet, entlässt nicht zwangsläufig Personal, kann aber effizienter arbeiten. Was heißt das für die berufliche Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler und für den Umgang mit KI in der Schule?

KI-Kompetenzen

Zunächst ist festzuhalten, dass bei Lehrkräften und Lernenden gleichermaßen über die Medienbildung weit hinausreichende Kompetenzen neu angelegt werden müssen. Dazu gehört auch die KI-Verwendung über eine exakte, treffsichere Promptgestaltung (Ein Prompt ist eine Eingabeaufforderung oder auch Anweisung, die einem KI-Modell gegeben wird, um es zu einer spezifischen Reaktion oder Aktion zu veranlassen.).

Schülerinnen und Schüler sollten niedrigschwellig an die Verwendung von KI herangeführt werden. Das kann schon im Rahmen von Zusatzpunkten bei einer Aufgabe geschehen. Beispielsweise im Deutschunterricht, wenn eigene Erzählungen geschrieben werden. Statt eine passende Illustration zu zeichnen, kann diese über eine bildgenerierende KI erstellt werden. Der Prompt hierzu sollte mit angegeben werden. Oder im Fach Musik können mittlerweile Songs in unterschiedlichen Stilen durch KI komponiert werden. Die Schülerinnen und Schüler müssen sich dazu einen Songtext überlegen und entsprechende Stilmittel (bspw. Rock, Pop, Soul/Dynamik/Tempo/Melodieführung) auswählen.

Es sollte auch Ziel sein, die Ergebnisse von KI kritisch prüfen zu können. Hiermit treten wir dem Vorwurf der kognitiven Degeneration entgegen. Den Schülerinnen und Schülern muss die Funktionsweise von textgenerierenden KI bewusst gemacht werden, damit sie auch einschätzen können, dass die entstehenden Texte fehlerbehaftet sind. Beispielsweise kann das durch die einfache Aufgabe geschehen, dass die Schülerinnen und Schüler eine Biografie über sich selbst durch ChatGPT schreiben lassen sollen.

BEISPIEL

Prompt
Schreibe eine Biografie über René Michel.

Künstliche Intelligenz
Es tut mir leid, aber ich habe keine spezifischen Informationen über eine Person namens René Michel, da dies ein relativ häufiger Name sein könnte und es möglicherweise mehrere Personen mit diesem Namen gibt. Um eine detaillierte Biografie zu erstellen, bräuchte ich mehr Kontext oder spezifische Informationen zu der Person, die du im Sinn hast. Geht es um einen bestimmten René Michel, der beispielsweise in einem bestimmten Bereich (Kunst, Wissenschaft, Politik, etc.) tätig ist? Bitte gib mir mehr Details, damit ich dir besser helfen kann!

Prompt
Schreibe eine Biografie über René Michel, einen berühmten Eiskunstläufer.

Künstliche Intelligenz
Biografie von René Michel
Frühes Leben
René Michel wurde am 15. Januar 1985 in Grenoble, Frankreich, geboren. Schon in jungen Jahren zeigte er ein außergewöhnliches Talent für das Eiskunstlaufen. Seine Eltern, beide begeisterte Sportler, erkannten früh seine Leidenschaft und Förderung durch professionelle Trainer war der Schlüssel zu seinem frühen Erfolg.
Karriere
Im Alter von sechs Jahren trat René in seine erste Eiskunstlauf-Club ein. Schnell zeichnete er sich durch seine Technik und seine künstlerische Ausdrucksweise aus. Mit zehn Jahren nahm er an seinen ersten Wettbewerben teil und gewann schnell Medaillen auf regionaler und nationaler Ebene.
René erhielt 2002 seine erste internationale Medaille bei den Junioren-Weltmeisterschaften, wo er sich im Kurzprogramm und im Kürlauf auszeichnete. In den folgenden Jahren entwickelte er sich zu einem der besten Eiskunstläufer der Welt. Sein charakteristischer Stil, der eine Kombination aus technischem Können und emotionaler Performance war, brachte ihm den Ruf eines der talentiertesten Athleten seiner Generation ein….

Ist Leistungsmessung noch möglich?

Selbstredend stellt sich auch die Frage, wie es mit häuslichen Arbeiten und deren Bewertung aussieht, denn ChatGPT bewältigt mittlerweile Abituraufgaben, schreibt Doktorarbeiten oder löst Jura-Prüfungen. KI im Allgemeinen liefert eine stetig bessere Performance. Damit scheinen rein textbasierte Aufgaben als Heimarbeit überholt. Schließlich stehen KI-Anwendungen allen Schülerinnen und Schülern zuhause zur Verfügung und oft werden KI-generierte Texte nicht überarbeitet oder auf Schwachstellen untersucht. Aber im Endeffekt können auch wir als Lehrkräfte nicht mit Bestimmtheit sagen, wer den Text wie erstellt hat. Spannend ist deswegen die Vorstellung einer Beweislastumkehr.

Bewertungsschema nach Höra

Daher möchte ich folgenden prozessbezogenen Bewertungsvorschlag von Hanspeter Höra (Gymnasium Markneukirchen) und Mirko Schiller (Gymnasium Oelsnitz i. V.) vorstellen.
Der Bewertungsvorschlag ist auf die komplexe Leistung in der gymnasialen Oberstufe bezogen. Zunächst geben die Autoren den Hinweis, mit authentischen historischen Quellen arbeiten zu lassen, Forschungsarbeiten mit eigenen Datenerhebungen (Umfragen, biologische Studien, Zeitzeugeninterview) erstellen zu lassen oder ein Nischenthema vorzugeben, da KI darin wenig brauchbare Ergebnisse liefert.
Die eigentliche Prozessbewertung folgt der Kanban-Board-Methode. Hierbei wird der Arbeitsprozess abschnittsweise dargestellt und durch die Lehrkraft in die Bewertung aufgenommen.
Die Prozessbewertung erfolgt so:

  1. Zuordnung Lehrkraft und Fach (nach schulinternem Vergabeverfahren)
  2. Konzeptionsgespräch: Vorstellung bei Lehrkraft, Abgabe
  3. Konsultation I und II: Vorstellung eines komplett ausformulierten Kapitels, Visualisierung auf Kanban-Board, Erläuterung des Fort- oder Rückschritts und weiterer Vorgehensweise, neue aufgetretene Schwierigkeiten etc.; Beantwortung fachlicher Fragen zu den erarbeiteten Inhalten
  4. Schriftliche Arbeit
  5. Mündliche Präsentation

In abgewandelter Form kann eine transferbezogene Bewertung erfolgen, sodass eine Aufgabenstellung, die auf Grundlage einer neuen Datenbasis eine Transferleistung voraussetzt, im Anschluss an die mündliche Präsentation bewältigt werden muss.
Das vollständige Bewertungsschema findet sich hier. Rückfragen dazu oder SchiLF-Anfragen bitte an Hanspeter Höra: hanspeter.hoera@gmail.com

 Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich lade euch herzlich zu einem Onlineseminar mit unserem Kooperationspartner Social Web macht Schule ein. Hier könnt ihr (auf euer persönliches Tempo abgestimmt) KI erleben und für den eigenen Unterricht anwendbar machen. Die nächsten Termine dafür findet ihr bei uns unter Veranstaltungen.