Aktuelle Situation und Einstellungsbedarf in Sachsen

Aktuelle Situation zur Bewerberlage und zum Einstellungsbedarf in Sachsen

An den Schulen im Freistaat Sachsen findet bereits seit einigen Jahren ein Generationenwechsel statt. Jährlich gehen bis zu 1.500 Lehrerinnen und Lehrer in den wohl­verdienten Ruhestand. Infolge steigender Schülerzahlen müssen zusätzliche Stellen besetzt werden.
Im Einstellungsverfahren zum Schuljahresbeginn 2022/2023 waren 1.500 Lehrerstellen zu besetzen. Es gab 890 Be­werberinnen und Bewerber mit vollständiger Lehreraus­bildung, auch aus anderen Bundesländern, und 462 Be­werbungen von Seiteneinsteigern. Ein differenzierter Blick auf die Schularten und Regionen lässt erkennen, warum es auch künftig eine Herausforderung ist, dass für alle Schulen mit dringendem Lehrerbedarf Einstellungen erfolgen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mit 401 Interessenten hatte fast die Hälfte der grundständig ausgebildeten Bewerber eine Gymnasiallehrerausbildung. Im Einstellungsverfahren für die Schulart Gymnasium waren die 475 Stellen ausschließlich schulscharf ausgeschrieben. Damit wird den Bewerbern eine größere Transparenz hin­sichtlich der tatsächlichen Bedarfe in Sachsen eröffnet. Ausgebildete Gymnasiallehrer, die im Rahmen der schul­scharfen Bewerbungen nicht zum Zuge gekommen sind, jedoch in der Schulart und Region flexibel waren, erhielten alternative Einstellungsangebote. Jedoch war es wieder sehr schwierig, sie für andere Schularten zu gewinnen – trotz gleicher Bezahlung nach A 13 und Verbeamtung.

An den berufsbildenden Schulen gibt es eine sehr dif­ferenzierte Bewerbersituation. Seit  Jahren  wählen  viel zu wenig Lehramtsstudierende gewerblich­-technische Fachrichtungen. Demzufolge werden auch perspektivisch Seiteneinsteiger mit  diesen  Qualifikationen  eingestellt. In sozialen Fachrichtungen gibt es hingegen oft mehr Bewerber als Einstellungsbedarfe. Alle Interessenten haben ein Angebot erhalten, oft auch in der Wunschregion. Angesichts der Altersstruktur und der Zahl der Berufs­schullehrkräfte, die in den kommenden Jahren aus dem aktiven Schuldienst ausscheiden, bleibt es aber eine He­rausforderung, alle offenen Stellen zu besetzen.

Bei den Grundschulen hat sich die Bewerberlage in den letzten Jahren deutlich verbessert.  Eigentlich  könnten alle jungen Lehrerinnen und Lehrer eine gute berufliche Perspektive in Sachsen haben, wenn es nicht die starke Fokussierung auf die Universitätsstädte gäbe. Erfreulich ist, dass sich  die  Grundschullehrerausbildung  an  der TU Chemnitz, die zum Wintersemester 2013/2014  mit 100 Studienplätzen begann, weiterhin in den Einstellungs­verfahren bemerkbar macht. In den LaSuB­Standorten mit universitären Studiengängen für das Lehramt an Grund­schulen (Chemnitz, Dresden, Leipzig) gibt es genügend Bewerber, wenngleich die Lehrerversorgung bestimmter ländlicher Gebiete und vor allem in den Regionen Bautzen und Zwickau weiterhin problematisch ist.

Zu wenige Abiturienten haben sich in der Vergangenheit und Gegenwart für ein Studium des Lehramtes an Mittel­schulen bzw. Oberschulen entschieden. Deshalb bleibt die Bewerbersituation auch in den kommenden Jahren angespannt. An keinem Standort des LaSuB kann die Zahl der geplanten Einstellungen (insgesamt 329) durch Be­werber mit Lehrerausbildung (insgesamt 104) realisiert werden, für die Regionen Bautzen und Zwickau gab es selbst unter Berücksichtigung von interessierten Seiten­einsteigern zu wenige Bewerbungen.

Sachsen hat hervorragende Förderschulen, die sogar international einen sehr guten Ruf haben. Trotz Integration bzw. Inklusion gibt es seit Jahren stabile Schülerzahlen. Der problematische Lehrkräftemangel setzt sich auch mit diesem Einstellungsverfahren fort. Die universitäre Leh­rerausbildung erfolgt in Leipzig und selbst dort gab es zu wenige Bewerbungen. Auch mithilfe von Seiteneinsteigern kann in keinem LaSuB­-Standort bedarfsgerecht eingestellt werden. Die Ursache für das Defizit liegt insbesondere in der Lehrerausbildung. Der Anteil von Bewerbern aus anderen Bundesländern für einen Studienplatz Lehramt Sonderpädagogik an der Universität Leipzig ist höher als der durchschnittliche Anteil bei Lehramtsstudiengängen, weil Sonderpädagogik in zehn Bundesländern nicht ange­boten wird. Künftige Bedarfe werden so voraussichtlich wieder nicht gedeckt.

Sachsen hat wie kein anderes Bundesland seit 2012 die Lehrerausbildung verstärkt und das zeigt in Einstellungs­verfahren erste Wirkung. Die Zahl der angebotenen Studienplätze für ein Lehramtsstudium an den sächsi­schen Universitäten und Musikhochschulen wurde seit 2012 (1.000 Studienanfänger) kontinuierlich erhöht und steigt 2022 auf 2.700 Studienanfänger.

Die Kapazitäten der Lehramtsstudiengänge liegen in Sach­sen über den eigenen Bedarfen, weil auch Abiturienten aus anderen Bundesländern hier studieren, an der Universität Leipzig ca. 60 Prozent. Viele Millionen Euro investiert der Freistaat Sachsen alljährlich in die Lehrerausbildung. Ein Dilemma entsteht, wenn der eigene Lehrernachwuchs aber nicht in ausreichender Zahl in bestimmten Regionen unterrichten möchte – aus nachvollziehbaren oder weniger nachvollziehbaren Gründen. Dann werden Seiteneinsteiger eingestellt, für deren Ausbildung erneut viel Geld aus­gegeben werden muss. Auch für unsere Lehrerinnen und Lehrer, die mit der Lehrerausbildung betraut werden, stellt das eine Doppelbelastung dar.

Die Wünsche der jungen Lehrergeneration entsprechen leider nicht immer den Lehrerbedarfen. Seit die Lehrer­ausbildung im Jahr 2012 wieder in schulartspezifischen Studiengängen mit Staatsexamensabschluss erfolgt, gibt es einen positiven Trend zur bedarfsgerechteren Wahl der Schularten. Gute Entscheidungen bei der Studienwahl verändern aber erst nach ca. sieben Jahren Ausbildungs­zeit die Bewerbersituation.

Circa 70 Prozent (!) der Junglehrer aller Schularten wollten nach Dresden oder Leipzig. Diese Metropolen finden auch junge Leute aus anderen Bundesländern attraktiv. Für Schulen in Regionen mit permanentem Lehrkräftemangel gibt es mittlerweile Anreizsysteme, wie der Anwärterson­derzuschlag von über 1.100 Euro, wenn der Vorbereitungs­dienst an einer Ausbildungsschule in einer Bedarfsregion absolviert wird und im unmittelbaren Anschluss eine Mindesttätigkeitszeit von fünf Jahren an einer Schule in einer Bedarfsregion erfolgt.

Der Sächsische Lehrerverband möchte die jungen Lehre­rinnen und Lehrer ermuntern, sich vor Ort von der guten Ausstattung der Schulen in den Bedarfsregionen zu über­zeugen. Diese Städte und Gemeinden haben ebenfalls ihre Vorzüge und sind lebenswert. Mieten und Bauland sind deutlich günstiger als in Leipzig und Dresden. Nette Menschen, Freizeitangebote, Sportstätten, Musik und Theater gibt es in allen sächsischen Landkreisen.

Zur künftigen bedarfsgerechteren Lehrerversorgung müssen die Studiengänge an den Universitäten in Leipzig, Dresden und Chemnitz langfristig gesichert, inhaltlich reformiert und mit mehr verpflichtenden Praxisanteilen versehen werden. An der TU Chemnitz ist eine Ausweitung der Lehrerausbildung auch auf die Studiengänge für wei­tere Schularten unerlässlich, um eine flächendeckende Lehrerversorgung im gesamten Freistaat zu gewährleis­ten. Zusätzlich muss nach Auffassung des SLV die Lehrer­ausbildung stärker regionalisiert werden, indem Außen­stellen der Universitäten in Westsachsen und Ostsachsen eingerichtet werden.

Der Lehrerberuf in Sachsen ist attraktiver geworden

Der Freistaat Sachsen muss sich seit Jahren in zunehmen­ dem Maß der Herausforderung um die Gewinnung des Lehrernachwuchses im bundesdeutschen Wettbewerb stellen. Der Sächsische Lehrerverband hat die Zeichen frühzeitig erkannt und selbst Initiativen zur Lehrer­werbung ergriffen. Im Mittelpunkt unserer  Aktivitäten steht stets die Erhöhung der Attraktivität des Lehrer­berufs.

Für Berufseinsteiger sind diese Maßnahmen des Frei­staates besonders interessant:

  • Verbeamtung von grundständig ausgebildeten Lehrkräften, Übernahme verbeamteter Lehrkräfte aus anderen Bundesländern
  • Verbeamtung von Referendaren und Lehramts­ anwärtern im Vorbereitungsdienst
  • Eingangsamt A 13 (EG 13) für Lehrkräfte mit voll­ ständiger Lehrerausbildung in allen Schularten
  • Seiteneinsteiger werden in Abhängigkeit von ihren bisherigen Abschlüssen auf hohem Niveau eingruppiert – EG 10 bis EG 12
  • Beförderungsstellen für grundständig ausgebildete Lehrkräfte in allen Schularten
  • Erhöhung der Lehramtsstudienplätze für Studien­anfänger auf 2.700 (zum Vergleich: 1.000 im Jahr 2011)
  • Anwärtersonderzuschlag für Referendare in Bedarfs­regionen (alle Regionen außer Dresden, Leipzig und deren Umland) in Höhe von maximal 70 Prozent des Anwärtergrundbetrags – derzeit über 1.100 Euro monatlich
  • In Löbau und Annaberg-­Buchholz wurden zur Stärkung der ländlichen Regionen zwei weitere Ausbildungs­stätten für Referendare eingerichtet.
  • Einstellungsgarantie zu Beginn des Referendariats für die Schularten Grundschule, Förderschule und Oberschule, bei Gymnasien und Beruflichen Schulen gegebenenfalls für bestimmte Fächer
  • Der unmittelbare Wechsel in den Vorbereitungsdienst nach dem Ersten Staatsexamen wird ermöglicht, bislang gab es dort mehrmonatige Wartezeiten zu überbrücken.
  • kostenfreie und freiwillige Coaching-­ und Fortbildungs­maßnahmen im Rahmen des Berufseinstiegs
  • Seiteneinsteiger erhalten für die Zeit ihrer wissen­schaftlichen Qualifizierung 6 statt bisher „bis zu 4“ Anrechnungsstunden.
  • Jede Schule erhält seit 2019 ein frei aufteilbares Prämienbudget zur Ausgabe individueller und kollektiver Leistungsprämien.
  • Assistenzprogramme: Zusätzliches nicht-­pädagogisches Personal an Schulen soll Lehrkräfte entlasten.
  • Über das Programm „Senior-­Lehrkräfte“ können Lehrkräften in Ausbildung, Seiteneinsteigern und Berufsanfängern berufserfahrene Mentoren zur Seite gestellt

Durch das Handlungsprogramm der Staatsregierung von 2018 kommen mehr junge Lehrerinnen und Lehrer nach Sachsen bzw. bleiben nach Abschluss ihrer Lehreraus­bildung hier. Es wäre wünschenswert, wenn damit der Lehrkräftemangel in Sachsen wirksam und nachhaltig gemindert werden kann.