Lehrernachwuchs für den ländlichen Raum

Junge Lehrer braucht das Land!

In vielen sächsischen Städten und Gemeinden fehlt der Lehrernachwuchs. Der überwiegende Teil der jungen Lehrerinnen und Lehrer favorisiert bei seiner Bewerbung zur Einstellung nur die Städte Leipzig und Dresden, andere sächsische Regionen finden weniger Interesse.

Die Ursache liegt in der Bindung der jungen Lehrerinnen und Lehrer an die Universitätsstädte. Auch Studien des Zentrums für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung (ZLSB) und der TU Dresden verdeutlichen, dass es sich bei der Rekrutierung von Lehrkräften für ländliche Regionen um eine echte Herausforderung handelt. Die TU Dresden befragt regelmäßig Lehramtsstudierende und -absolventen nach ihrer geografischen Herkunft und ihren Vorstellungen darüber, wo sie nach Beendigung der Ausbildung als Lehrer arbeiten möchten.
Die Ergebnisse belegen, dass Abiturienten und Studieninteressierte zu einer heimatortnahen universitären Ausbildung tendieren. Die Mehrheit der Absolventen eines Lehramtsstudiums an einer sächsischen Universität strebt den Berufseinstieg an einer Schule in Sachsen an. Es gilt also, Abiturienten aus Regionen mit akutem Lehrermangel für das Lehramtsstudium zu gewinnen und während ihres Studiums an ihre Herkunftsregion zu binden, so dass sie anschließend als gut ausgebildete Lehrkräfte dorthin zurückkehren.

Studierende sind am einfachsten von der Attraktivität ländlicher Schulstandorte zu überzeugen, wenn sie die Vorteile persönlich vor Ort erleben, z. B. durch entsprechende Schulpraktika. Die Regionen außerhalb der Ballungsräume bieten gerade jungen Lehrerinnen und Lehrern eine echte berufliche und wirtschaftliche Perspektive. Sie werden dort als Berufseinsteiger in der Regel sehr gute Arbeitsbedingungen vorfinden, die Schulen in den Landkreisen und Gemeinden sind meist top ausgestattet. Außerdem bietet Sachsen auch außerhalb von Dresden, Leipzig und Chemnitz eine vielfältige Kultur- und Musiklandschaft sowie abwechslungsreiche Sport- und Freizeitangebote. Der Lebensunterhalt ist weniger kostenintensiv, Mieten oder Wohneigentum sind günstiger und die Lebensqualität ist hoch.

Attraktivitätssteigernde Maßnahmen

Die TU Dresden verfolgt mit dem Projekt „Synergetische Lehrerbildung im exzellenten Rahmen“ (TUD-Sylber) den Ansatz, bereits während des Studiums Berührungspunkte zwischen Studierenden und den Bedarfsregionen zu schaffen. Innerhalb dieses breit angelegten Maßnahmenpakets, das ein Teil der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ ist, wird vor allem die Kooperation mit außerschulischen Lernorten wie Museen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen intensiviert.

Auch der Sächsische Lehrerverband hat ein großes Interesse, den Lehrernachwuchs für die ländlichen Regionen zu gewinnen. Deshalb führen Vertreter des SLV regelmäßig Gespräche mit sächsischen Bildungspolitikern, mit Landräten und Bürgermeistern, um einerseits die aktuelle Situation des Lehrernachwuchses für alle Regionen zu analysieren und andererseits darauf aufbauend Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und der Bekanntheit von ländlichen Gegenden anzuregen. Dazu gehören der Aufbau eines Netzwerkes zur Absicherung notwendiger Rahmenbedingungen (z. B. Kinderbetreuung, Wohnraum, Arbeitsplatz für den Lebenspartner), kulturelle und sportliche Angebote oder die Entwicklung eines Patenschaftsmodells mit Netzwerkpartnern aus Wirtschaft, Kultur, Sport und Tourismus.

Erfolgreich wurden Anreizsysteme für Praktikanten, Referendare sowie Junglehrer etabliert. Neben zusätzlichen Außenstellen der Ausbildungsstätten Dresden und Chemnitz in Löbau und Annaberg-Buchholz wird seit August 2019 ein Anwärtersonderzuschlag für den ländlichen Raum angeboten. Referendare können demnach – neben dem monatlichen Grundbetrag von ca. 1.600 Euro – einen monatlichen Zuschlag in Höhe von maximal 70 Prozent des Anwärtergrundbetrages für die Dauer des Vorbereitungsdienstes erhalten, also etwa 1.100 Euro zusätzlich.

Der Zuschlag ist an zwei Bedingungen geknüpft. Zunächst muss der Vorbereitungsdienst an einer Schule in einer sogenannten Bedarfsregion absolviert werden. Hierzu zählen fast alle Regionen in Sachsen außerhalb der Ballungszentren Leipzig und Dresden. Für folgende Städte und Gemeinden wird aktuell kein Zuschlag gewährt:

LaSuB-Standort Dresden: Bannewitz, Coswig, Dohna, Dresden, Freital, Heidenau, Kreischa, Meißen, Moritzburg, Pirna, Rabenau, Radebeul, Radeburg, Tharandt, Wilsdruff
LaSuB-Standort Leipzig: Belgershain, Bennewitz, Böhlen, Borsdorf, Brandis, Großpösna, Leipzig, Machern, Markranstädt, Markkleeberg, Naunhof, Parthenstein, Schkeuditz, Taucha, Zwenkau
LaSuB-Standort Bautzen: Ottendorf-Okrilla, Radeberg

Die zweite Bedingung ist an die Verpflichtung geknüpft, nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung für fünf Jahre an einer öffentlichen oder freien Schule im ländlichen Raum in Sachsen zu arbeiten. Dazu erhalten die Referendare nach Bestehen des Zweiten Staatsexamens vom Landesamt für Schule und Bildung (LaSuB) ein Einstellungsangebot mit möglichen Einsatzschulen.

Kein Grund zur Langeweile – Kulturelle Vielfalt gibt es in ganz Sachsen

Ob Theateraufführung, Rockkonzert oder Open-Air-Festival – die Kultur- und Musiklandschaft Sachsens ist vielfältig und hochkarätig. Von der Felsenbühne Rathen – der schönsten Naturbühne Europas – über die Alte Brauerei in Annaberg-Buchholz bis zur neuen Stadthalle Zwickau und der Hutbergbühne in Kamenz ist für jeden Geschmack etwas dabei. Und auch abseits der Musiklandschaft gibt es in Sachsen zahlreiche Möglichkeiten, sich zu vergnügen. Während das Erzgebirge beste Voraussetzungen zum Snowboarden und Skilauf bietet, gibt es im Sommer über 100 Badeseen, wie z.B. die Lausitzer Seenlandschaft.

Gesellschaftliche Anerkennung statt Anonymität

Wer in einer ländlichen Gegend groß geworden ist und die Strukturen kennt, hat es weniger schwer, dorthin zurückzukehren. Aber auch „Neulinge“ werden mit offenen Armen empfangen. Grundsätzlich fühlt man sich – gerade als Lehrkraft – schnell akzeptiert und aufgenommen. Von jeher ist der Lehrer gerade in ländlichen Regionen gesellschaftlich stärker anerkannt.

Ruhe und Entspannung statt Hektik und Lärm

Vollzeitlehrkräfte haben mit 25 bis 27 Wochenstunden eine sehr hohe Unterrichtsverpflichtung. Außerdem gehören Vor- und Nachbereitungszeiten dazu, die bei Berufseinsteigern in der Regel höher ausfallen als bei langjährig tätigen Lehrern. Das bedeutet nicht nur viel Arbeit, sondern auch wenig Zeit zum Entspannen. Deshalb ist es wichtig, dass man seine Auszeiten effizient nutzt. Lebt man außerhalb der Großstädte, kann man noch frische Luft einatmen und Stille genießen. Außerdem ist man der Natur näher, hat meist selbst ein Grundstück oder einen eigenen Garten.

Das Eigenheim im Grünen – mit Arbeitszimmer!

Die Lehrerausbildung in Sachsen dauert in der Regel sieben Jahre. Ein Absolvent mit Zweitem Staatsexamen steigt deshalb meist mit Ende 20 in den Beruf ein. Viele junge Menschen besinnen sich in dieser Phase auf Werte wie Beständigkeit und Zuverlässigkeit. Sie verbinden damit häufig die Entscheidung für Ehe, Familie und Eigenheim. Auch beruflich möchte man sich entfalten und weiterentwickeln.

Das Leben im ländlichen Raum bietet viele Vorteile zur Selbstverwirklichung: Die Kinderbetreuung ist vorbildlich, niemand muss um einen Krippen- oder KiTa-Platz für seinen Nachwuchs bangen, so wie es in Leipzig oder Dresden oftmals der Fall ist. Die Kleinen wachsen naturnah auf und haben weit mehr Möglichkeiten zum Spielen als in Großstädten. Wer sich eine Wohnung oder ein Haus kaufen möchte, hat außerhalb der Ballungsgebiete Dresden und Leipzig realistische Chancen.

Natur- und praxisnahe Unterrichtsgestaltung

Im Schulalltag und bei der Unterrichtsgestaltung wird man als junge, kreative Lehrkraft schnell merken, wie vorteilhaft und nützlich die Nähe zur Natur, die netzwerkartigen Strukturen (z. B. Schulkooperationen mit Partnern vor Ort) sowie die intensive, persönliche Atmosphäre mit Eltern und Kollegen sein können. Gerade für den Sachunterricht in der Grundschule oder den Biologieunterricht an der weiterführenden Schule ist die ländliche Lernumgebung eine Bereicherung.

Eckdaten zum ländlichen Raum:

  • 83,5 % von Sachsen wird als ländlicher Raum bezeichnet (Landesentwicklungsplan 2013).
  • Knapp die Hälfte aller Sachsen (48,5 %) lebt in kleineren Städten und Gemeinden.
  • Circa 30 % der sächsischen Bevölkerung wohnen in Dörfern mit weniger als 2.000 Einwohnern.

Bei der Befragung von Sachsen nach ihrer Bewertung des ländlichen Raums auf einer Skala von 1 – 7 zeigt sich ein überaus positives Bild: So werden dem ländlichen Raum am ehesten die Eigenschaften liebenswürdig, familienfreundlich, fortschrittlich, abwechslungsreich und naturbelassen zugeschrieben. Auch wird der ländliche Raum als weltoffen und lebendig eingestuft (vgl. Forsa-Untersuchung 2012).