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It’s time for a change

©Knut Oberdiek

„Bildungsland Sachsen 2030“ soll kommen und damit einher Digitalisierung, Inklusion, selbstorganisiertes Lernen, Worturteile, Berufsorientierung, und, und, und. Kluge Ideen für die dringend notwendige Umgestaltung des sächsischen Bildungssystems sind gefragt. Nur uns als Gewerkschaft hat das SMK nicht gefragt. Aus Angst? Vielleicht. Oder soll es etwa keine greifbaren Ergebnisse geben und sich alles in Wohlgefallen auflösen?

Das wollen wir nicht hinnehmen. Wir wissen, dass es einer grundlegenden Veränderung bedarf, damit wir unseren Beruf wieder als Berufung ausüben können und nicht durch Verwaltungsaufgaben davon abgehalten werden oder durch Sozialarbeit den Reparaturbetrieb der Gesellschaft darstellen. Der Sächsische Staatsminister für Kultus, Christian Piwarz, hat Anfang dieses Jahres im Lehrerhauptpersonalrat gesagt, dass er genau das von der Schule erwartet. Aber dann muss er uns auch die entsprechenden Werkzeuge bereitstellen.

Der Junge SLV hat sich auf den Weg gemacht, um genau diese Werkzeuge „herzustellen“. Unser Ziel war es, ein Konzept zu Studium, Lehrkräfteausbildung und Schulsystem zu erarbeiten und dazu Impulse aus anderen Bundesländern, aber auch voneinander zu nutzen.

Ausgangslage waren beispielsweise diese Fragen: Was belastet dich beim Arbeiten? Womit kannst du dich arrangieren? Was geht gar nicht? Wie könnte es besser werden? Welche Veränderungen braucht es im Studium, im Bildungssystem und in der Lehrkräfteausbildung? Und vor allem: Meckern hilft nicht, sondern anders machen! Dass es jetzt Bewegung in puncto Lehramtsstudium an der TU Chemnitz gibt, ist ein wichtiger Schritt. Wissenschafts- und Kultusministerium treten endlich gemeinschaftlich für Veränderungen ein (so wie es der SLV seit Langem gefordert hat). Aber reichen diese aus, um die desaströse Lage abzuwenden? Ist es nicht vielmehr an der Zeit, über grundlegende Veränderungen zu sprechen?

Genau dafür trafen wir uns vom 15. bis 17. September 2023 in Chemnitz. Gleich zu Beginn erklärte Marcus von Scheven seinen Rücktritt als Vorsitzender des Jungen SLV aus persönlichen Gründen.
Hier sein Statement im Wortlaut:

Liebe Mitglieder des Jungen SLV,
vor kurzem konnten wir zu Hause ein neues Familienmitglied begrüßen. Dieses freudige Ereignis führt aber nach reiflicher Überlegung dazu, dass ich mich schweren Herzens aus der ersten Reihe zurückziehe und meinen Vorsitz beim Jungen SLV niederlege.
Aktuell sehe ich mich nicht mehr in der Lage, den Posten mit dem nötigen Engagement und Herzblut auszufüllen, wie ich es gerne würde. Trotzdem möchte ich mich weiterhin mit einbringen und werde dem Jungen SLV als Vorstandsmitglied erhalten bleiben. Meinem Nachfolger wünsche ich viel Erfolg und Kraft für die kommenden Aufgaben.

Herzliche Grüße

Marcus von Scheven

Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal herzlich für die geleistete Arbeit bedanken und haben die Klausurtagung gleich genutzt, um innerhalb des Vorstandes den Vorsitz neu zu besetzen. Die zukünftige Doppelspitze werden Anne Witter als amtierende Vorsitzende und Patrick Greulich als stellvertretender Vorsitzender bilden. Wir wünschen beiden gutes Gelingen und viel Erfolg für die anstehenden Aufgaben.

In die inhaltliche Arbeit starteten wir anschließend mit einem Impulsvortrag zur historischen Entwicklung des Schulsystems von Knut Oberdiek, Referent für Junglehrer und Referendare im SLV. Vom preußischen Generallandschulreglement über den Weimarer Schulkompromiss hin zum heutigen Stand des Schulsystems flogen wir durch die Geschichte. Natürlich wollten wir uns danach über die derzeitige Situation austauschen und konnten Gründe dafür auch aus der historischen Entwicklung finden.

Einige unserer Feststellungen zur allgemeinen Lage:
Bis zu 40 Prozent der Lehramtsstudierenden brechen ihr Studium ab. Die Quote schwankt je nach Fächerwahl und ist im MINT-Bereich besonders hoch. Gleichzeitig finden sich immer weniger Dozentinnen und Dozenten, die im Studium eine gelebte Verbindung von Praxis und Theorie abbilden können. Gerade in der Sonderpädagogik bilden wir in Leipzig für das gesamte Bundesgebiet Lehrkräfte aus. Im Fach Musik fehlen beispielsweise in jeder Schulart Lehrkräfte, weil Zugangsvoraussetzungen oder Instrumentenwahl nicht erfüllt werden. Und größer gedacht: 25 Prozent der Viertklässler erreichen das Mindestniveau beim Textverständnis nicht. Jedes Jahr gibt es über sechs Prozent Schulabgänger ohne Abschluss. Aktuell leben in Deutschland über 2,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 34 Jahren ohne Berufsabschluss; das sind etwa 17 Prozent (Menschen im Studium oder in Ausbildung werden nicht mitgezählt.). Die Ausgaben der öffentlichen Haushalte in Deutschland für Bildung betrugen 176,67 Milliarden Euro im Jahr 2022; davon waren 20 Milliarden Euro Bundesmittel (im Vergleich die Ausgaben für Soziales: 161 Milliarden Euro).

Daran muss sich etwas ändern! Doch was und wie?

Um einen neuen Weg zu beschreiben, besuchten wir nach Knut Oberdieks Vortrag die BIP-Kreativitätsgrundschule, eine Chemnitzer Schule in freier Trägerschaft. Der Schulleiter stand uns hier für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Natürlich tauschten wir uns auch mit den Kolleginnen und Kollegen der Schule aus, um uns eine fundierte Meinung bilden zu können.

Anschließend informierten wir uns über das Assistenzsystem der Grund- und Mittelschulen in Bayern. Hier gibt es unter anderem Förderlehrkräfte und Fachlehrer, die mit ihrer spezifischen Arbeit die Schulen unterstützen und entlasten.

Am darauffolgenden Tag stellte uns Christina Adler vom Brandenburgischen Pädagogen-Verband das neue Lehramtsstudium an der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg vor. Die duale Grundschullehrerausbildung ist zum Wintersemester 2023/2024 gestartet und soll Theorie und Praxis, sprich Universität und Schule, stärker miteinander verzahnen. Ausgiebig diskutierten wir mit Christina Adler das Für und Wider dieser Ausbildung.

All unsere Überlegungen fanden Niederschlag in drei Papieren, die wir noch weiter überarbeiten werden. Sie sollen das derzeitige Positionspapier des Jungen SLV ergänzen und auf den aktuellen Stand bringen. Zu gegebener Zeit werden wir die Mitglieder noch einmal darüber informieren und die neuen Positionen auf der Homepage des Jungen SLV veröffentlichen.

Während der Klausurtagung haben wir aber auch das Leben gemeinsam genossen. Vielen Dank noch einmal an alle Teilnehmenden. Ich hoffe, wir sehen uns in 2024 zur nächsten Klausurtagung wieder. Gern möchte ich dann aufzeigen können, was sich von unseren Forderungen umsetzen ließ.