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Vielfalt ist Chance

Am 20.01.2022 fand die dritte Tagung „Vielfalt ist Chance“ der Sächsischen Landeszentrale für Politische Bildung im virtuellen Rahmen statt. Fast 90 Teilnehmende aus dem schulischen bzw. außerschulischen Bereich fanden sich 9:30 Uhr vor den Bildschirmen ein und wurden vom Direktor, Dr. Löffler, mit einem Einführungsvortrag zu Diversität begrüßt. Um diesen Begriff zu verdeutlichen, nutzte er das Beispiel der Namensschilder an Garderoben in Kindergärten. Vor gut dreißig Jahren hieß es darauf noch Thomas und Anna, jetzt finden sich diese Namen noch immer aber auch Aischa und Mustafa. Vielfalt wird sichtbarer nicht nur in diesem Zusammenhang. Wie erklären wir die vielen ungeschriebenen Regeln? Sind wir bereit zu einer didaktischen Reflexion pädagogischen Handelns in Schule und Kindergarten? Wie weit geht die Bereitschaft zur Anpassung? Dr. Löffler befand, dass es im pädagogischen Raum Übersetzer, Vorbilder und Türöffner brauche, um Vielfalt selbstverständlich zu leben.

Ziel der Tagesveranstaltung war es, Wissen und Erfahrungen zu teilen, in einen offenen Austausch zu treten und voneinander zu profitieren. Die Teilnehmenden wurden ermutigt, erlebte Probleme und Belastungen als Chance zu verstehen. Grundlage hierfür waren Dialog und Reflektion auf Augenhöhe. Alle führten Gespräche über gelebte Vielfalt in Sachsen.

Gemeinsames Vorstellen – Barcamps

Die obligatorische Vorstellungsrunde sollte auch in dieser Veranstaltung nicht fehlen. Doch die Umsetzung dessen überraschte. Verschiedene Fragen wurden über das Abfragetool VOXR an die Teilnehmenden gegeben. Unter anderem:

Woher stammen Sie? (Die meisten aus Sachsen aber auch München und Hamburg waren dabei.) Welche Aktionsfelder haben Sie inne? (Schule ca. ½ der Teilnehmenden, aber auch Kita, Universitäten, außerschulische Träger von Bildungsangeboten, Schulsozialarbeit-Leistende) Woher haben Sie von der Veranstaltung erfahren? (Schulportal, Homepage der slpb, Kollegen, Freunde)

Als nächstes wurden die Barcamps, Mit-Mach-Konferenzen, in einer Minute vorgestellt. Das reichhaltige Angebot erschwerte, die dann folgende Entscheidung nur für ein Barcamp pro Durchgang. Im Folgenden stelle ich die von mir besuchten Angebote vor.

Schule der Vielfalt

Das Projekt „Schule der Vielfalt“ möchte Schulen zu queerfreundlicheren Orten machen, die auch für Lernende, die z.B. lesbisch, schwul, bisexuell oder transgeschlechtlich sind, einen sichereren Lern- und Sozialraum bieten. Durch thematische Sichtbarkeit und Unterstützungsangebote innerhalb der Schulen sollen Coming-outs angstfrei möglich sein. Gleiches gilt für Lehrkräfte, denn noch immer traut sich mehr als die Hälfte von ihnen nicht, am Arbeitsplatz offen mit ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtlichkeit umzugehen (vgl. Onlinebefragung unter LSBTIQ*-Lehrkräften der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 2017). Unter anderem sollen in den Schulen der Vielfalt thematische Workshops für alle Jahrgänge und das Kollegium angeboten werden. Eine Regenbogen-AG trägt Vielfaltsthemen bspw. in einer Zeitung zusammen oder organisiert den Austausch mit anderen Schulen. Auch bundesweit kommt es hierzu, denn seit 2008 existieren Schulen der Vielfalt.

Weitere Informationen:

RosaLinde Leipzig e.V.
schuledervielfalt@rosalinde-leipzig.de
Für die Region Südwestsachsen
different people e.V.
Beratungs- und Kommunikationsangebote für vielfältige L(i)ebensrealitäten
info@different-people.de

Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage

Im Projekt werden die Themen Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus innerhalb eines bundesweiten Netzwerks besprochen. Die teilnehmenden Schulen durchlaufen einen mehrstufigen Prozess, um schlussendlich nicht nur ein schönes Schild am Schuleingang zu erhalten, sondern um eine klare von Lernenden und Lehrenden gewollte Grundüberzeugung sichtbar werden zu lassen. Hierbei verpflichtet sich die Schule, diese Selbsterklärung zu leben und sich regelmäßig mit den Themen auseinander zu setzen. Rassismus-Freiheit ist ein hehres Ziel – vielleicht auch eine Utopie, aber die Schulen werden mit außerschulischen Bildungspartnern in Verbindung gebracht und erfahren Unterstützung. Auch die Koordinierungsstelle bietet eigene Projekttage an, wie beispielsweise die Vernetzungstreffen der Courage-Schulen. Diese finden regional und überregional statt. Dabei gibt es Weiterbildungen für die Teilnehmenden und gemeinsamen Austausch; eben das Treffen von Gleichgesinnten. Im November 2021 wurde die 100ste Schule in Sachsen Teil des Netzwerks.

Erfreulicher Weise sind derzeit wieder viele Schulen mit der ersten Phase beschäftigt, so die Landeskoordinatorin Marlene Jakob.

Weitere Informationen:

Courage – Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e.V.
Träger des Netzwerks für Demokratie und Courage in Sachsen
https://schule-mit.courage-sachsen.org/
Landeskoordinatorin Marlene Jakob
marlene.jakob@netzwerk-courage.de

Vielfalt in Schulklassen erkennen, leben und fördern durch Peer Education

In diesem Barcamp lag der Schwerpunkt auf den Peer-Gruppen, das heißt Jugendliche lernen von Jugendlichen. Welche Vorzüge bietet diese Herangehensweise? Bei Peer Education lernen Schülerinnen und Schüler von ausgebildeten Peer Trainerinnen und – Trainern. Diese sind engagierte Jugendliche zwischen 14 und ca. 23 Jahren. Das bedeutet, sie sind größtenteils selbst Schülerinnen und Schüler, Auszubildende oder Studierende. Auf ehrenamtlicher Basis bieten sie Workshops zu den Themen Identität, Vorurteile, Vielfalt, Diskriminierung und Mobbing an. Auf der Hand liegt, dass die Angebote in einem geschützten Raum stattfinden und so der Austausch unter Jugendlichen anders – vielleicht auch ungezwungener – erfolgt. Diese Workshops werden im Team an Sächsischen Schulen ab Klassenstufe 7 durchgeführt und sollten als ganztägige Veranstaltung geplant werden. Derzeit engagieren sich ca. 40 Trainerinnen und Trainer, die die Vielfalt der Welt auch in ihrem Team abbilden.

Nach der Vorstellung der Peer Education probierten die Teilnehmenden die Methode „Die Karten werden neu gemischt“ aus. Hierbei stellten wir uns vor, morgens als ein anderer Mensch aufzuwachen. Die neuen Identitätsmerkmale wurden dabei verdeckt vorgegeben, bspw. keine Deutschkenntnisse; lernbehindert; drogensüchtig; HIV-positiv; Muslima; und andere mehr. In der nächsten Phase ging es darum, sich in die vorgegebene Lebenswelt einzufühlen. Dabei halfen zehn Fragen, die unter anderem dazu aufforderten, Veränderungen aufzuschreiben, Reaktionen der Mitmenschen aufzuzeigen, Chancen der neuen Identität zu bedenken oder Erwartungen an die Gesellschaft zu formulieren. Schließlich sollte in einem Wort zusammengefasst werden, wie die Übung auf die Teilnehmenden gewirkt hat. Von konsterniert zu überfordert bis hin zu den Tränen nah reichten die zahlreichen Wortmeldungen.

Weitere Informationen:

Sächsische Jugendstiftung
Peer Training Sachsen – Aktiv gegen Vorurteile und Diskriminierung!
https://www.saechsische-jugendstiftung.de/peertraining
Programmleiterin Felicitas Koch
peertraining@saechsische-jugendstiftung.de