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Rad ab!?

Foto von Andrew Gook auf unsplash

Wie habe ich mich gefreut, als kurz vor den Weihnachtsferien ein Brief zur Förderung der Fahrradmobilität im Schulportal eingestellt war. Geschenke schon vor Heilig Abend?

Endlich, habe ich mir gedacht, endlich prescht der Freistaat Sachsen nach vorn, präsentiert sich als attraktiver, familienfreundlicher, umweltbewusster Arbeitgeber und bietet seinen Beschäftigten ein JOBRAD! Als nächstes folgen womöglich noch Anreize wie steuerfreie Sachbezüge, Tank- oder Essensgutscheine, Gewährung von Zulagen wegen gestiegener Lebenshaltungskosten (TV-L §16 Abs. 5), flexible Teilzeitregelungen – auch ohne als Bittsteller auftreten zu müssen, vereinheitlichte Software an allen Schulen, klare Regelungen zu… Doch halt! – ich fabuliere…

Fahrradkultur?

Zurück zur neu ersonnenen Fahrradkultur, deren Ausgestaltung sich in der Verwaltungsvorschrift „VwV Vorschüsse“ unter Punkt 8 findet. Zunächst möchte ich hier lobend erwähnen, dass nicht einmal drei Jahre nach den Plänen zum Energie- und Klimaprogramm auf juristisch sinnreiche Weise folgende Glanzleistung verwirklicht werden konnte. Wer sich ein Fahrrad, egal ob neu, neuwertig oder gebraucht, kaufen will, der kann dies nun mithilfe des Freistaates Sachsen tun. Und zwar indem er sich fix durch sechs Seiten Antragsformular arbeitet – natürlich zunächst ausgedruckt und dann händisch ausgefüllt, denn mit der elektronischen Bearbeitung von Anträgen; nun sagen wir mal, da sind die Ministerien lieber etwas vorsichtig… Zuvor sollten jedoch die Bedingungen für die Anschaffung des Fahrrades genau gelesen werden. Denn von zeitgemäßen Leasingmöglichkeiten, die sogar zu einer Steuerersparnis der Beschäftigten führen könnte, hat der Freistaat hier aus Gründen, die ich nicht zu erklären vermag – es fehlt mir wohl an der ministerialen Weitsicht – Abstand genommen. Stattdessen gibt es diese sensationelle Möglichkeit eines Finanzierungsinstruments. Moment mal! Sprechen wir hier dann noch von einem Jobrad? Dieses würde ja dem Arbeitgeber gehören und er überließe es zur Nutzung den Beschäftigten. Nicht nur das, nein, er würde sich um Wartung, Reparatur, Versicherung und nach Ablauf der Leasingzeit um einen Ersatz kümmern.

Voraussetzungen für den Vorschuss zum Fahrradkauf

Aus wirtschaftlicher Betrachtungsweise handelt es sich beim Vorschuss doch vielmehr um ein Darlehen und zwar um ein, im Wortlaut, großzügiges. Als großzügig wird auch die Bearbeitung des Vorschusses beschrieben. Alle bekommen ihr Fett weg – ach Quatsch; Rad ab. Beim Lesen dieser VwV stellt sich mir die Frage, ob einige im zuständigen Ministerium es schon abhaben?

Doch ich möchte die Gewährung des zinslosen Vorschusses einmal genauer darstellen. Grundvoraussetzung dafür ist, dass zum Zeitpunkt der Beantragung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis außerhalb der Probezeit vorliegt oder eine Verbeamtung auf Lebenszeit. Menschen im Referendariat, in der Probezeit und in geringfügiger Beschäftigung werden ausgeschlossen. Gerade hier ist aber die Unterstützung, meines Erachtens, angebracht. Weiterhin darf der Vorschuss eine Höhe von 2.600 € nicht übersteigen. Die Tilgung erfolgt in max. 42 Monatsraten zu mindestens 25 €. Wird beispielsweise der Maximalzeitraum mit Minimalrate genutzt, ist ein Vorschuss von 1.050 € möglich. Voraussetzung ist immer der sofortige Kauf des Fahrrades. Leasing und Zahlung auf Raten werden nicht unterstützt. Die volle Höhe des Vorschusses muss auch für den Kauf eingesetzt werden und ist ansonsten, unverzüglich in einer Summe zurückzuzahlen. Selbstredend kann der Kaufpreis auch die Maximalhöhe des Vorschusses übersteigen.

Welches Rad kann gekauft werden?

Es können mit dem Vorschuss nur Räder gefördert werden, die den Vorgaben der StVZO (§63a) entsprechen, die also verkehrstauglich sind. Es dürfen auch E-Fahrräder sein, die die maximale Geschwindigkeitsunterstützung von 25 km/h nicht übersteigen. Aufgezählt werden insbesondere: Tourenräder (Citybike), Trekkingräder, Mountainbikes, Rennräder, E-Bikes und Pedelecs sowie entsprechende Drei- und Lastenräder.

Wie erfolgt die Auszahlung und wird getilgt?

Bis spätestens sechs Monate nach dem Kauf des Fahrrades kann der Vorschuss beantragt werden. Hierbei muss der Kaufbeleg sofort mit eingereicht werden. Oder der Antrag erfolgt vor dem Kauf des Rades. Dann wird ausgezahlt, wenn der Kaufbeleg eingereicht wird. So oder so, wir müssen aus eigener Tasche zahlen und erhalten danach den Vorschuss. Aberwitzig, wenn mal der Wortsinn dabei bedacht wird…

Die Tilgungsraten werden dann spätestens mit dem übernächsten Zahltag, der auf die Auszahlung des Vorschusses fällt, von den Bezügen abgezogen. Praktisch und kaum ein Aufwand für die ohnehin immer blitzschnelle Bezügestelle. Die Tilgung ist auch auf Antrag während der Elternzeit, einer Pflegezeit oder des Ruhens des Arbeitsverhältnisses/einer Beurlaubung auszusetzen. Wenn Kündigung oder anderweitiges Ausscheiden aus dem Dienst anstehen, dann wird die Tilgungsrate erhöht. Ist dann immer noch ein Rest des Vorschusses vorhanden, muss dieser spätestens zum Zeitpunkt der Beendigung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses in einer Summe zurückgezahlt werden. Das muss übrigens vorher mit der Unterschrift bestätigt werden und damit wird auch das Einverständnis erteilt, dass Vorschussreste, die im Zeitpunkt des Endes des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses noch bestehen, durch Einbehaltung von den letzten Bezügen abgedeckt werden.

Was ist noch zu beachten?

In jedem Fall hat das Landesamt für Steuern und Finanzen zu prüfen, ob die Zinsersparnisse als Sachbezüge nach einkommens-/lohnsteuerrechtlichen Grundsätzen zu versteuern sind. Das beruhigt zumindest etwas.

Kräftig in die Pedale treten und?

Wen möchte man mit solchen Vorschussmöglichkeiten in Zeiten, in denen jeder Händler, ob vor Ort oder online, ohnehin eine Finanzierung zu besseren Konditionen ohne Limit anbietet, überzeugen? Schließlich möchte ich noch anregen, dass sich verheiratete/verpartnerte Paare, wenn beide beim Freistaat beschäftigt sind, mit dem Vorschuss ein Tandem kaufen. Was genau passiert dann mit dem Vorschuss? Kann dieser dann die doppelte Summe betragen, obwohl nur ein Fahrrad angeschafft wird? Haben sie dann trotzdem nur 42 Monate zum Tilgen Zeit? Und wird von beiden zu gleichen Teilen die Tilgungsrate eingezogen? Wichtige Fragen über die sich dann im Finanzministerium garantiert die Köpfe zerbrochen werden und mit etwas Glück dauert es nur zwei, drei Jahre bis die Verwaltungsvorschrift angepasst wird.

Doch lieber kein Rad-Vorschuss?

Mein Rat zum Rad – abwarten. Es gibt durch den Tarifvertrag, den wir letztes Jahr erfolgreich erstreikt haben, die Möglichkeit, dass der Freistaat Sachsen eine Entgeltumwandlung zum Fahrrad-Leasing für Fahrräder und E-Bikes ab 01.01.2024 anbietet (§ 19b TV-L). Immerhin haben wir nun mit dieser Neuregelung einen Anspruch darauf. Es bleibt abzuwarten, wie die Ausgestaltung – diesmal bitte schneller – aussieht. Wer bis dahin nicht auf ein Leasingrad verzichten möchte, kann einen Blick auf die Seite der dbb-Vorteilswelt werfen. Hier gibt es bspw. ein E-Bike-Abo mit Versicherung, Wartung und Service.